Hygiene im Zeltlager – muss das sein?

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Klare Antwort: JA ES MUSS SEIN ! Zumindest in einem vertretbaren Rahmen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die DPSG und jeder Verband/Verein der ein Ferienlager ausrichtet auch hinsichtlich der Verpflegung der Kinder und Jugendlichen im Zeltlager eine große Verantwortung auf sich nimmt und um dieser gerecht zu werden einfach einige kleine Vorgehensweisen beachten muss.

Zum ersten ist da die gesetzliche Grundlage, welche teilweise auch die DPSG und andere Jugendverbände betrifft:

Das Infektionsschutzgesetz

Diesem Gesetz ist die DPSG genauso unterworfen wie alle Betriebe, Firmen, Kneipen und ähnliches welche Lebensmittel herstellen, verkaufen oder verarbeiten. Das heißt für die DPSG, dass Leiter welche in der Lagerküche für den Stamm kochen sich einer einmaligen Belehrung durch das Gesundheitsamt unterziehen müssen. Wenn man es genau nimmt: alle die in der Küche mit Lebensmitteln in Berührung kommen. Sollten Kinder beteiligt sein an der Essenszubereitung dann sind die in der Küche verantwortlichen Leiter dafür zuständig, dass der Umgang mit den Lebensmitteln nicht zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung derer führen kann, die das Essen zu sich nehmen. Diese Belehrung wird durch die Gesundheitsämter immer zu bestimmten Terminen angeboten und ihr müsst euch beim für euch zuständigen Gesundheitsamt erkundigen wann diese stattfinden und euch anmelden. Diese Belehrung ist natürlich kostenpflichtig, wobei ihr einen Nachlass bekommt, wenn ihr auf der Diözese eine Bescheinigung anfordert in der bestätigt wird, dass ihr die Belehrung für einen Jugendverband des BDKJ mitmacht. Manche Kreisjugendringe haben es sogar erreicht, dass diese Belehrungen für ehrenamtliche Mitarbeiter von Jugendverbänden kostenfrei sind. Erkundigt euch einfach auf den betreffenden Gesundheitsämtern.

Die Lebensmittelhygieneverordnung (LMHV)

Die Lebensmittelhygiene VO schreibt vor, dass alle die Lebensmittel verarbeiten, herstellen oder verkaufen, dazu verpflichtet sind ein sogenanntes Eigenkontrollsystem zu erarbeiten. Dieses Eigenkontrollsystem soll verhindern, dass Lebensmittel welche in den Verkehr gebracht werden, zu einer Gesundheitsschädigung für diejenigen werden können welche sie zu sich nehmen. Zusätzlich fordert dieses Gesetz eine Schulung bezüglich wichtiger Hygieneanforderungen welche beachtet werden müssen beim Verarbeiten von Lebensmitteln und beschreibt die Ausstattung von Bereichen in denen Lebensmittel verarbeitet werden. Dieses Gesetz ist wie so viele Gesetze leider unglaublich dehnbar. Es steht nirgends explizit etwas über die Essensverpflegung in Zeltlagern, aber es berührt alle öffentlichen Bereiche in denen Lebensmittel an Dritte ausgegeben werden. Da die DPSG nicht wirklich private Zeltlager veranstaltet, die Zeltlager aber auch nicht richtig öffentlich sind, befindet sich die DPSG in einer gewissen Grauzone. Wir haben uns an den verschiedensten Stellen erkundigt, bei verschiedenen Wirtschaftskontrolldiensten (WKD; welche für die Kontrolle der Einhaltung dieses Gesetzes zuständig sind) als auch im Chemischen Veterinär und Untersuchungsamt Sigmaringen sowie in Berlin beim Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde. Die meisten Aussagen zielten in die Richtung, dass das Gesetz die DPSG nicht betrifft, allerdings eben nur die meisten. Es gibt immer wieder WKD`s die Zeltlager kontrollieren und überprüfen ob gewisse hygienische Grundprinzipien eingehalten werden.

Ich bin mir auch relativ sicher, dass in dem Moment, in dem in einem Zeltlager Erkrankungen durch Salmonellen oder andere Bakterien auftauchen, das Gesundheitsamt sehr schnell vergessen wird, dass wir uns als Jugendverband in einer gewissen Grauzone bewegen. Die DPSG müsste dann mit Sicherheit beweisen, dass mit den Lebensmitteln so umgegangen wurde, dass die Kinder und Jugendlichen nicht davon krank werden konnten. Aus diesem Grund möchte ich euch bitten euch unbedingt an die unten aufgeführten Hygienevorschriften oder Tipps zu halten. Denn dann seid ihr im Normalfall auf der sicheren Seite und könnt auch einen WKD auf dem Zeltlager empfangen.
Es werden sicherlich einige Dinge dabei sein, von denen ihr sagen werdet: ‚Mein Gott das machen wir doch immer schon so— oder wo ihr euch an den Kopf fasst und denkt ‚ wie soll denn das gehen, im Zeltlager ist das doch nicht realisierbar—. Wir möchte euch trotzdem bitten euch die Punkte erst ganz genau durchzulesen, bevor ihr die Krise bekommt und dann einfach abzuwägen welche Folgen entstehen können wenn ihr euch nicht daran haltet und ob man dafür nicht auch einfach ein paar Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen kann. Wer jetzt noch sagt: „Bisher ist bei uns noch nie was passiert“— dem kann ich nur entgegnen: „Glück gehabt oder ihr haltet euch schon immer an die Mindestanforderungen der Hygiene“—. Denn ein einziges Mal reicht, wo sich Kinder im Zeltlager infizieren. Manche Firma musste auf Grund dieses einen Mals schon den Laden schließen, weil keiner mehr Vertrauen hatte. Ganz zu schweigen von den rechtlichen Konsequenzen die ihr als Stamm dann zu tragen habt.

Es tut nicht weh! Macht einfach mit und haltet euch an die folgenden Hygienevorschriften:

  1. Verwendet zum Kochen, Spülen und Trinken nur Trinkwasser Wasser in Kanistern oder Behältnissen verkeimt beim Stehen. Achtet darauf, dass die Wasserbehältnisse möglichst kühl stehen. Trinkwasser muss täglich gewechselt werden. Flusswasser ist auf gar keinen Fall Trinkwasser, sogar zum Duschen ist bei Flusswasser Vorsicht geboten. Flusswasser ist oftmals voller Bakterien.
  2. Achtet auf leicht verderbliche Lebensmittel wie Milchprodukte Wurst, Fleisch, Eier etc. Solltet ihr keine Kühlmöglichkeit haben, müssen diese so eingekauft das sie bei den Mahlzeiten verbraucht werden. Wurst die einmal auf dem Tisch war und womöglich in der Hitze gestanden ist muss, entsorgt werden. Hackfleisch nur so einkaufen, dass es sofort nach dem Einkauf verarbeitet wird. Evtl. bekommt ihr in den Metzgereien auch gehacktes Eis, das ihr in einen Behälter geben könnt um das Hackfleisch zu kühlen. Es ist wirklich bei großer Hitze äußerste Vorsicht geboten. Bei Hackfleisch (auch bei ganz frischem) reicht eine bis zwei Stunden um es ungenießbar zu machen. Bakterien (und davon hat auch frisches Hackfleisch genug) vermehren sich in dem sie sich verdoppeln, ihr könnt euch denken wie rasend schnell es dann geht bis eine gesundheitsschädigende Menge an Bakterien vorhanden ist. Vor allem bei einer Oberfläche wie Hackfleisch!
  3. Achtet immer darauf, dass Produkte mit Eiern oder Fleisch durchgekocht sind Lieber verzichtet ihr auf leckeres Rührei oder Hähnchen vom Feuer wenn ihr es nicht garantieren könnt, dass es wirklich gut durchgebraten ist. Dies gilt natürlich auch für Hackfleisch.
  4. Reste von irgendwelchen Mahlzeiten nicht wieder verwenden. vor allem dann wenn die Sonne scheint, dass Essen schon 1-2 h bei der Ausgabe gestanden ist und ihr keinerlei Kühlmöglichkeiten habt œ Vorsicht bei Flußwasser zum Kühlen œ wie oben schon bemerkt ist dies oft recht verkeimt. Also lieber einmal mehr weg schmeißen wie einmal zu wenig (gilt auch für Pudding, ist ein äußerst gefährdetes Lebensmittel, vor allem wenn er in großen Mengen gekocht und nicht abgekühlt werden kann. Führt gerne am zweiten Tag zu ganz viel Durchfall)
  5. Milch vom Bauern immer erst abkochen bevor ihr sie ausgebt Diese Anweisung könnt ihr sogar in der Milchkammer beim Bauern nachlesen, der muss euch nämlich gesetzlich vorgeschrieben darauf hinweisen. Das Gefährliche an der Milch ist ein Coli-Bakterium, welches zwar bei relativ niedriger Temperatur abstirbt (bei ca. 60 °C) aber auch hochgefährlich ist. Es gab in Baden-Württemberg schon einige Todesfälle auf Grund dieses Bakteriums, deshalb ist es auch Vorschrift das euch der Bauer aufs Abkochen hinweisen muss. Am besten und sichersten ist es immer noch Milch aus dem Supermarkt zu verwenden. Da könnt ihr wirklich nichts falsch machen.
  6. Achtet auf Sauberkeit in eurer Lagerküche Vor allem auch darauf, dass die Küche nicht zum allgemeinen Ablage und Aufbewahrungszelt wird. Eigentlich haben außer den Köchen, deren Gerätschaften und den Lebensmittel niemand etwas in der Küche zu suchen (eigentlich ;-)) Wenn möglich alle Gerätschaften und Lebensmittel in Kisten und Behältnissen aufbewahren. Sollte das nicht möglich sein, dann zumindest die Lebensmittel, auch wenn es sich um Trockenprodukte oder Konserven handelt. Am besten sind Zargesboxen.
  7. In der Küche wird nicht geraucht!!
  8. Nach jedem Toilettengang die Hände waschen und desinfizieren Wichtig ist dabei darauf zu achten, dass ihr Seifen und Desinfektionsmittel nur aus Spendern benutzt keine Seifenstücke. Es müssen zum Abtrocknen Papiertücher für die Mannschaft aus der Küche vorhanden sein. Achtet darauf, dass diese Materialien nur von den Leuten aus der Küche benutzt werden und nicht von allen Teilnehmern. Bei größeren Lagern empfiehlt es sich für die Küchenmannschaft ein eigenes Dixie aufzustellen.
  9. Nach der Varbeitung von Fleisch, Eiern und Geflügel immer den Tisch gründlich abwaschen und die Hände waschen Es ist wichtig darauf zu achten, dass ihr nach diesen Arbeitsgängen unbedingt den Tisch abwischt, am besten mit Spülmittel und falls vorhanden Desinfektionsmittel, vor allem dann wenn ihr danach Lebensmittel verarbeitet welche ungekocht verzehrt werden.
  10. Achtet darauf das eure Tische und Ablagen in der Küche gut zu reinigen sind Auch wenn es weh tut: verzichtet wenn möglich in der Küche auf unlackierte Holzregale und sollte es eure Stammeskasse zulassen besorgt euch Wachstischdecken oder ähnliches für die Arbeitstische (sieht der WKD recht gerne)
  11. Lappen, Schwämme und Geschirrtücher spätestens am zweiten Tag wechseln, besser noch jeden Tag. Auf Lappen und ähnlichem sammeln sich gerne Bakterien, die ihr durch die Verwendung schön auf alles übertragen könnt was ihr damit abwischt. Deshalb tauscht sie rechtzeitig aus. Geschirrtücher kann man auch mal im Topf verkochen während dem Lager. Irgendeinen alten Topf gibt es in jedem Stamm.
  12. Keine Uhren, Armbänder und Ringe während der Arbeit in der Küche Die Haut ist ein großer Tummelplatz für Bakterien, und unter Ringen u.ä. sind die Bedingungen zum Wachsen besonders gut. Deshalb einfach die ganzen Dinge ablegen, Hände waschen kurz desinfizieren und los geht`s
  13. Lange Haare zusammen binden oder ein Häubchen aufsetzen abgesehen von den massig darauf wohnenden Bakterien: wer zieht schon gern ein Haar aus seinem Essen ???
  14. Wer hat, kann sein Küchenpersonal mit Schürzen ausstatten der WKD findet es ziemlich wichtig. Wobei man sich darüber streiten kann ob es sinnvoll ist oder nicht. Man kann sich auch einen Spaß daraus machen, also macht es wie ihr denkt. Ich finde es sieht ja auch ganz adrett aus. Ihr solltet sie dann allerdings auch jeden Tag wechseln, sonst bringts wirklich nix.
  15. Müll gehört nicht in das Küchenzelt alle Sorten Müll solltet ihr hinter oder neben dem Küchenzelt in geschlossenen Behältnissen oder Tüten sammeln und nicht erst alles ganz zum Schluss entsorgen, sondern täglich vor dem Einkaufmarathon entsorgen. Vor allem Essensreste und Lebensmittelabfälle. Erkundigt euch im Vorfeld ob eine Sickergrube erlaubt ist oder nicht und ob ihr Abwasser gesondert in Tonnen sammeln müsst. Ist eine Sickergrube erlaubt, dann achtet darauf, dass immer frische Erde auf den Abfällen liegt, damit ihr kein Ungeziefer anlockt.
  16. Für die Küche muss immer eine Möglichkeit zum Hände waschen und desinfizieren im Umfeld der Küche gegeben sein.
  17. Schmutzgeschirr sollte schnellstmöglich abgespült werden Essensreste an Schmutzgeschirr lockt zahlreiche Insekten und vor allem Fliegen an, welche als Krankheitsüberträger nicht zu unterschätzen sind, denn man weiß ja wo sich diese Tiere hauptsächlich aufhalten.
  18. Toiletten welche vom Küchenpersonal benutzt werden sollten täglich gereinigt und desinfiziert werden
  19. Laut Gesetz müssen alle in der Küche beschäftigten Leiter eine Schulung nach Infektionsschutzgesetz haben. Denkt daran wenn der WKD auftauchen sollte.
  20. LASST EUCH DURCH DIESE VORSCHRIFTEN NICHT DEN SPAß VERDERBEN: auch wenn es sich jetzt nach unglaublichen Auflagen anhört. Man muss es nur einmal anfangen im Lager, dann wird es ganz schnell zur Routine. Und lasst euch ja nicht entmutigen, weil hier so viel von Bakterien und Krankheit zu lesen ist, ihr müsst einfach euren normalen Menschenverstand einsetzen dann kann euch eigentlich auch nichts passieren.

So nun sind hoffentlich die wichtigsten Dinge benannt und euch ist die Lust am Kochen nicht vergangen. Solltet ihr Besuch vom WKD auf den Zeltlagern bekommen dann lasst euch nicht einschüchtern, ihr wisst ja, so richtig gesetzlich verankert sind diese Kontrollen nicht. Stellt euch gut mit ihm dann kann eigentlich auch nichts schief gehen.

Diese Infos wurden uns dankenswerterweise von der Deutsche Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG) Diözesanverband Rottenburg-Stuttgart zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank! Alle Infos nach bestem Wissen und Gewissen. Keine verbindliche Rechtsberatung!

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Daniel
Daniel
Hallo, schön, dass du hier vorbeischaust. Ich bin der Kopf hinter dem Jugendleiter-Blog und bin seit über 10 Jahren in der Jugendarbeit aktiv, habe viele Jahre einen Verband geleitet und blogge hier über meine Erfahrungen aus mehr als 100 Freizeittagen und 200 Gruppenstunden. Meine besten Spiele und Ideen sind als Bücher erschienen.

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