Ein großer Dank an Janneck, der mir diese Idee zur Verfügung gestellt hat. Der folgende Text basiert auf Notizen aus einem zweistündigen Gespräch in einer Obdachloseneinrichtung sowie der Lektüre mehrer Quellen (am Ende verlinkt).
Was können wir tun, um Obdachlosen zu helfen?
Obdachlose sind eigentlich überversorgt, Lebensmittel und Kleidung gibt es im Überfluss. Lebensmittelspenden an Obdachlose sind daher eher schlecht als recht. Viele sehen selbst von dem erbetteltem Geld nichts, dass sie an Bänden abgeben müssen oder geben dieses nur für Drogen und Alkohol aus. Was fehlt, ist ein geregelter Alltag am besten mit Bezugspersonen.
Die größte Hilfe ist daher eher das einfache Gespräch und ein freundlicher Umgang. Oft sieht man dieselben Obdachlosen an gleicher Stelle. Ab und zu kann man sicher auch mal die Zeit für ein kurzes Gespräch aufbringen. Das ist nicht nur für den Obdachlosen “eine nette Beschäftigung”, sondern auch für sich selbst.
Einsamkeit ist die größte Ursache von Obdachlosigkeit. In den meisten Fällen haben Menschen, die obdachlos werden, keine Familie und Freunde, an die man sich bei Problemen wenden kann, denen man vertraut.
Der Umgang mit Obdachlosen ist nicht ganz harmlos und sollte mit Vorsicht angegangen werden. Notgeilheit, Alkohol und Drogen sollte zwar mit den Kindern mal behandelt worden sein, muss aber nicht erlebt werden.
Daher ist es mit den Kindern und Jugendlichen besser, an anderer Stelle anzugreifen. Präventiv kann man durchs Verhindern von Einsamkeit auch der Obdachlosigkeit entgegen wirken.
Wir haben als Stamm einmal im Monat einen Kuchenverkauf nach der Messe für die Gemeinde. Die Kinder bringen Kuchen mit und dieser wird gegen eine Spende verkauft. Beim Kuchenverkauf können wir den Kuchen nicht nur verkaufen, sondern zusammen mit den Leuten essen, zuhören und erzählen. So können wir einfach durchs “da sein” einen Bezugspunkt aufbauen und das Abrutschen auf die Straße verhindern.
Warum sind Obdachlose überversorgt und warum sieht das nie so aus?
Die Lebensmittelläden müssen mehr Lebensmittel einkaufen als sie verkaufen können, um ihre Regale immer voll zu haben. Alles, was übrig bleibt, müssen sie teuer vernichten lassen oder sie können es kostenfrei verschenken. Diese Lebensmittel stammen meist aus der höheren Preiskategorie und werden von der Tafel und anderen Einrichtungen abgeholt, um daraus täglich frisch zu Kochen. Bei Kleidern ist es ähnlich.
Die Obdachlosen, die auf der Straße auffallen, sind nur ein kleiner Teil. Sie sind aber meist schon sehr weit von dem was wir “heutige Gesellschaft” nennen entfernt. Sie haben Probleme einen geregelten Tagesablauf zu bekommen oder sind Drogen und Alkohol verfallen.
Dann gibt es auch noch die Obdachlosen, die an der Straße mit dem Schild “Ich habe Hunger” sitzen. Hier sollte man mal darauf achten, wie lange derjenige dort sitzt. Sitzt er den ganzen Tag dort, untersteht er vermutlich einer Bande und bekomm von dem Geld selber nichts. Auch ein Obdachloser dann es sich nicht leisten, den ganzen Tag nur rumzusitzen. Hunde sind übrigens ein beliebtes Mittel, Aufmerksamkeit und Mitleid zu erwecken und die Einnahmen zu steigern.
Idee für eine Aktionswochenende
Am Samstag kann man einfach mal als Pfadfinder-Gruppe (in Kluft!) durchs Stadtteil laufen und jedem, der einsam und alleine aussieht, am Sonntag auf ein gemeinsames Suppenessen nach dem Gottesdienst einladen. (Hinz und Kunz, Verkäufer, Rentner, Obdachlose). Wichtig ist, dass die Suppe nicht nur ausgeteilt wird, sondern das gemeinsam gegessen wird und das man ins Gespräch kommt. Das ganze kann natürlich auch am Lagerfeuer mit Stockbrot und Liedern bereichert werden.
Rollenspiel Interview mit einem Obdachlosen
Dieses Rollenspiel wurde konzipiert, um den Umgang mit Obdachlosen zu sensibilisieren und die Kinder auf ein mögliches Interview vorzubereiten. Die Kinder hatten zu diesem Zeitpunkt bereits einen groben Überblick über das Thema.
Kinder erhalten eine Rolle, die sie spielen sollen. Die Karten sollen als Hilfe dienen, einen Eindruck zu bekommen und müssen nicht eingehalten werden. Es solle jedoch auch nicht zu weit abgewichen werden, da es sich hier um echte Schicksale handelt. Die übrigen Kinder dürfen die Obdachlosen nun wie Obdachlose behandeln und auch fragen stellen.
Obdachloser 1 (männlich, 26 Jahre, wurde freiwillig obdachlos, will nun aber zurück): Lebt seit 10 Jahren freiwillig auf der Straße (Es war mein persönlicher Wunsch, die Erfahrung als Obdachloser zu machen.)
Mit seiner Mutter telefoniert er wöchentlich.
War in Frankreich, Spanien, Deutschland und der Schweiz auf der Straße.
Hat vor einigen Jahren sein Herz in einen Spanischen Straßenhund verloren. Lebt von der Hand in den Mund. Immer froh, über eine Spende von anderen Leuten.
Traumfrau auf der Straße kennen gelernt. Wollen nun ins bürgerliche Leben zurück und eine Wohnung mieten. Das Straßenleben ist Kräfte raubend. Es ist sehr schwer eine Wohnung zu finden.
Die täglichen abschätzenden Kommentare der normal lebenden Menschen macht einen fertig. Fast täglich wird man beschimpft, diskriminiert und beleidigt.
Trinke täglich 3 bis 4 Biere, nimmt aber ansonsten keine Drogen.
Obdachloser 2 (männlich, 45 Jahre, war erfolgreicher Manager)
War Manager einer Modemesse bis zu seinem Burnout (Erschöpfungszustand in Verbindung mit einer ganz massiven Depression, „Ich war wie gelähmt“). Lebte dann ein Jahr vom Arbeitslosengeld, war dann aber nicht in der Lage sich um weitere Hilfe zu kümmern.
Anfangs kann man noch bei Freunden schlafen, auf Dauer geht das aber nicht. Irgendwann muss man auch dort weg. Als dann sein Besitz verloren war, musste er auf die Straße.
Vermisst sehr sein altes Leben, die Privatsphäre, Sicherheit oder einfach ein gutes Buch. Die Lebensumstellung ist sehr schwierig, man gehört auf einmal zu einer Gruppe Leute, in die man absolut nicht passt.
Obdachloser 3 (männlich, 22 Jahre, Drogen brachten ihn auf die Straße)
Ist im Heim aufgewachsen (Mutter nie kennengelernt, Vater Alkoholiker). Er hat Heroin genommen, hatte Stress in der Schule, hat sie mit 15 Jahren abgebrochen und ist aus dem Heim abgehauen.
Er reiste eine Zeitlang von Stadt zu Stadt. Nun nimmt aber kein Heroin mehr, er kifft nur noch.
Auf einem Punk-Konzert lerne er seine jetzige Freundin kennen. Sie geht noch zur Schule und macht ihr Abi. Sie ist oft mit mir und meinem besten Freund draußen Unterwegs und bleibt manchmal auch nachts mit uns auf der Straße.
Er verkaufe Zeitung, an den meisten Tagen von 7.00 bis 21.00 Uhr. Dadurch geht es ihm eigentlich ganz gut, für eine Wohnung reicht es aber noch nicht. Dafür spart er jeden Monat etwas Geld, um später mit meiner Freundin zusammen ziehen zu können und ins Berufsleben einzusteigen.
Obdachlose 4 (weiblich, 40 Jahre, alkoholsüchtig, hat einen Sohn)
Sie hat ihr ganzes Geld in Alkohol investiert und dadurch ihre Wohnung verloren. Ihren Sohn (damals 16) konnte sie zum Glück retten und bei einer befreundeten Familie unterbringen. Er macht seine Ausbildung zu Ende. Sie selbst lebt seitdem auf der Straße und trinkt ausschließlich Alkohol. Nach ihrem zweiten Herzinfarkt ist sie nun auf Entzug. Doch wie es danach weitergeht weiß sie noch nicht. Einen Job zu finden wird sehr schwierig und dadurch ist die Gefahr wieder auf der Straße zu landen sehr hoch.
Quellen
http://superprojekt.ch/web/assets/files/Obdachlose%20und%20ihre%20Geschichten.pdf