Die verschwundene Nase
Von ihrem Kinderzimmerfester aus sah Annika eine grüne Wiese mit vielen Blumen. In der Mitte der Wiese wuchsen ein alter knorriger Baum. Der Baum hatte einen dicken Stamm und viele Wurzeln.
Annika wusste nicht, dass in dem alten Baum kleine Elfen wohnen, denn die Elfen waren für die Menschen unsichtbar. Jeder von ihnen war so groß wie ein Zeigefinger und hatte zwei Flügel auf dem Rücken. Der Elf Wiesenknopf und die Elfe Honiggras saßen auf dem Fensterbrett und guckten neugierig in das Kinderzimmer.
Plötzlich rief die Mutter: “Annika! Das Abendessen ist fertig!”
Annika lief zu ihren Eltern in die Küche. Auch der Elf namens Wiesenknopf stand auf und streckte sich.
“Wir sollten auch nach Hause gehen”, sagte er. “Ich habe schon ziemlichen Hunger!”
“Warte noch”, antwortete die Elfe Honiggras. “Bevor wir gehen, möchte ich herausfinden, was das da auf dem Bett ist.”
Die Elfe quetschte sich durch einen Spalt im Fenster, der offenstand. Im Kinderzimmer flatterte sie mit den Flügeln auf ihrem Rücken und flog zum Bett. Darauf lagen ein gestreifter Anzug und eine bunte Perücke. Doch Honiggras interessierte sich für etwas anderes.
“Was ist das?”, fragte sie und deutet auf einen roten Gegenstand.
Wiesenknopf folgte ihr in das Kinderzimmer und betrachtete das Ding. “Es sieht aus wie ein Ball”, sagte er.
Honiggras widersprach ihm: “Für einen Ball ist das Ding nicht rund genug.”
Wiesenknopf flog mit seinen Elfenflügeln zum Bett und hob den Gegenstand auf. Er drehte ihn hin und her. Auf einer Seite fand er eine Öffnung und steckte den Kopf hindurch. Honiggras kicherte.
“Du siehst aus, als würdest du einen Helm tragen”, lachte die Elfe.
Wiesenknopf lachte ebenfalls und rief: “Komm, das zeigen wir den anderen!”
Die beiden Elfen quetschten sich wieder durch den Spalt im Fenster und flogen zu dem alten Baum auf der Wiese vor dem Haus. Zwischen den Blättern befand sich der geheime Eingang zu ihrer Baumwohnung. Die anderen Elfen begrüßten sie. Jeder wollte einmal das komische Ding aufsetzen. Doch Honiggras verlor bald die Lust an dem Spiel und flog zurück an Annikas Fenster. Erschrocken stellte Honiggras fest, dass das Menschenkind weinte.
“Du hättest besser darauf aufpassen sollen!”, schimpfte Annikas Mutter.
“Ich habe nichts weggenommen!”, weinte Annika.
Honiggras spürte ein schlechtes Gewissen. Annikas Mutter seufzte und legte den gestreiften Anzug und die bunte Perücke beiseite, um Annika ins Bett zu bringen. Schnell flog Honiggras zu den anderen Elfen im Baum zurück und erzählte, wie traurig das Mädchen war.
Also brachten Honiggras und Wiesenknopf das rote Ding zurück und warteten bis zum nächsten Morgen. Als Annika aufwachte und den kleinen kugelförmigen Gegenstand sah, jubelte sie und setzte ihn auf ihre Nase. Verwundert beobachteten die beiden Elfen, wie sich Annika die komische Perücke aufsetzte und den gestreiften Anzug anzog.
“Mama, guck mal!”, sagte Annika, als ihre Mutter ins Kinderzimmer kam. “Meine Clownsnase ist wieder da! Jetzt kann ich doch richtig Karneval feiern!”
Die Elfen sahen sich an. Honiggras sagte: “Karneval? Das gefällt mir.”
“Wir sollten uns auch verkleiden”, schlug Wiesenknopf vor. “Aber diesmal nehmen wir nichts von den Menschen, sondern basteln uns unsere eigenen Kostüme aus Blättern.”
So taten sie es. Es wurde eine ausgelassene Karnevalsfeier im alten Baum – und wenn die Elfen nicht unsichtbar gewesen wären, hätten sich die Menschen sicherlich über die fliegenden Mäuse, Schildkröten und Elefanten gewundert, als die sich die Elfen verkleideten.