Inklusion in der Jugendarbeit: Handlungsfelder

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Dieser Beitrag ist im Rahmen einer Kooperation mit der Christoffel-Blindenmission entstanden. Der Artikel wurde dabei eigenständig von mir erstellt.

Der erste Beitrag in dieser Reihe hat sich zunächst mit den Grundlagen und der Definition des Wortes “Inklusion” beschäftigt. Ihr wisst nun, was damit gemeint ist und warum die Bearbeitung dieser Thematik so wichtig in unserer Gesellschaft und in der Kinder- und Jugendarbeit ist.

In diesem Beitrag wird es darum gehen, welche Handlungsfelder es im Bereich der Inklusion in der Jugendarbeit gibt und welche Dinge zu beachten sind – von den Gesprächen innerhalb des Leitungsteams über Fortbildungsmaßnahmen und der aktive Austausch mit Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen erfahrt ihr hier, worauf es ankommt. Hinzu kommen Informationen, welche räumlichen Veränderungen sinnvoll sein könnten.

Bewusstsein im Leitungsteam schaffen

Damit die inklusive Arbeit in der Jugendgruppe gelingen kann, ist es von besonderer Wichtigkeit, dass ihr innerhalb des Leitungsteams darüber sprecht und ein Gefühl für das Thema bekommt und eine positive Haltung einnehmt. Wenn alle mit anpacken und gemeinsam an einem Strang ziehen, damit diese Arbeit gelingen kann.

Ihr könnt dafür beispielsweise einen Informationsabend veranstalten, bei dem ihr das Konzept der Inklusion vorstellt, worauf es dabei ankommt und wie die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen hier aussieht. 

Betrachtet gemeinsam die notwendigen Aspekte und sprecht euch anschließend ab, an welchen Themen und Fragen ihr als Team arbeiten wollt. Klärt außerdem im Anschluss aufkommende Unklarheiten, um möglichst alle Zweifel aus dem Weg zu räumen.

Habt ihr dann den ersten Schritt in Richtung Inklusion gemacht, kann es damit weitergehen, dass ihr euch ein eigenes Konzept entwickelt. Klärt dabei unbedingt folgende Fragen:

  • Müssen Räumlichkeiten umgebaut oder angepasst werden werden?
  • Wie soll das Programm aussehen, damit jede*r mitmachen kann?
  • Wo bekommen wir Hilfe und welche Hilfen werden überhaupt benötigt?

Sprecht auch über eure Stärken und Schwächen, also wo bei euch noch Handlungsbedarf liegt, beispielsweise in Form von Fort- und Weiterbildungen. Dazu könnt ihr auch gemeinsam als Team eine Einrichtung für behinderte Menschen besuchen oder aber auch jemanden aus einem Behindertenverband einladen, der oder die euch dann alle Details erklärt. Vielleicht habt ihr ja auch Kontakte zu anderen Inklusionseinrichtungen, die euch dann bei der Aufstellung eurer Einrichtung entsprechend unterstützen können.

Setzt euch auch mit Fördermöglichkeiten auseinander, denn oft werden sowohl Fortbildungs- als auch Umbaumaßnahmen zur Förderung der Inklusion von öffentlicher Hand oder von Vereinigungen gefördert und unterstützt.

Die Sprache(n) hinterfragen

Im nächsten Schritt geht es darum, eure Sprache zu hinterfragen und zwar auf mehreren Ebenen. Dazu gehört beispielsweise die Thematik, die im ersten Beitrag dieser Reihe schon angesprochen wurde: Behinderungen als Schimpfwörter zu benutzen. Natürlich solltet ihr als vorbildliche Jugendleiter*innen Worte wie “behindert” so oder so nicht als Schimpfwort verwenden. Aber auch das Schubladendenken und typische Klischees sollten außenvorgelassen werden. Jeder Mensch, ob mit Behinderung oder ohne, ist anders und wird seinen*ihren Weg so gehen, wie er*sie es schafft und für richtig hält. Eine gleiche Behinderung heißt so beispielsweise nicht, dass diese Kinder und Jugendlichen auch das gleiche können, ihr Entwicklungszustand kann auch einem ganz anderen Level sein und das ist auch gut so.

Ein weiterer Aspekt der Sprache ist, dass ihr euch hinterfragen solltet, ob es nicht möglich ist, eine einfache Sprache zu sprechen, um so niedrigschwellige Zugänge zu schaffen. Oder aber ihr bietet Informations-Materialien, Flyer und Hintergrund-Informationen zu euch auch in Einfacher und Leichter Sprache an. Mittlerweile bieten eine Reihe Institutionen usw. Texte in Leichter Sprache an, die man auch nutzen kann. Eine Fortbildung dazu kann auch grundlegend für den Umgang mit Sprache und Sprachbarrieren sensibilisieren.

Warum? Es gibt Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung, die dafür sorgen, dass diese etwas langsamer verstehen als andere Kinder und Jugendliche ihren Alters. Könnt ihr es im Hinblick auf die anderen Teilnehmer*innen schaffen, die Sprache so anzupassen, dass alle damit etwas anfangen können? Möglich ist das, indem man beispielsweise auf Fachtermini und schwieriges Vokabular verzichtet.

Entwicklungsverzögerungen kommen übrigens nicht nur durch genetische Aspekte, auch Menschen, die in ihrer Kindheit und Jugend in ihrer Sprache zu wenig gefördert und gefordert wurden, weisen Sprachblockaden auf.

Passend zu diesem Aspekt könnt ihr euch auch Gedanken über die mit zwei wichtigsten Kommunikationswege unserer Gesellschaft Gedanken machen: die deutsche Gebärdensprache und die Braille-Schrift.

Gebärdensprache ist die Muttersprache für gehörlose Menschen. Manchen gehörlosen Menschen wird nach wie vor versucht, sprechen beizubringen, was sehr schwierig ist. Deshalb ist es hilfreich, einige Dinge über Gebärdensprache zu wissen, dann kann man besser mit gehörlosen Menschen umgehen.

Es gibt Fortbildungen, Wörterbücher und andere Hilfsmittel (wie Apps und Sprachcomputer), welche die Arbeit mit dieser Art von Behinderung möglich machen. Auch Integrationskräfte und begleitendes Personal können euch dabei unterstützen.

Das gleiche gilt für die Braille-Schrift. Braille-Schrift ist eine taktile, also tastbare Schrift, die aus verschiedenen Punktkombinationen besteht. Blinde Menschen erlernen das Lesen der Braille-Schrift durch Tasten. Das Arbeiten mit Computer und Smartphone ist durch Sprachausgaben und andere Programme problemlos möglich, sodass blinde Menschen ganz selbstverständlich an digitaler Kommunikation teilnehmen und zahlreiche Berufe erlernen können.

Immer häufiger werden zum Beispiel Türschilder und Wegweiser auch mit Braille-Schrift versehen, um Menschen mit Sehbeeinträchtigung bessere Orientierung zu verschaffen.

Neben diesen Sprachen gibt es natürlich auch noch alle Sprachen der Welt, die ihr in eure Jugendarbeit mit einbeziehen könnt. Denn so ermöglicht ihr es beispielsweise Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, sich in unsere Gemeinschaft leichter zu integrieren. Kinder und Jugendliche einer jeden Kultur brauchen dringend Gleichaltrige, um voneinander zu lernen und an sich selbst zu wachsen.

Traut euch neue Sprachen und Kulturen kennenzulernen und den Teilnehmer*innen so eine Möglichkeit zu geben, sich in diese Gesellschaft zu integrieren.

Was müssen wir für die Inklusion vor Ort tun?

Hat euch die Begeisterung für die inklusive Jugendarbeit gepackt, könnt ihr euch mit der Frage “Wie?” auseinandersetzen. Schaut euch eure Räumlichkeiten an und überprüft, welche Barrieren es hier gibt und ob ggf. Baumaßnahmen oder andere räumliche Veränderungen notwendig sind, um Inklusion vor Ort zu gewährleisten.

Setzt euch dafür gerne selbst in geliehene Rollstühle, verbindet euch die Augen oder nehmt euch einen Blindenstock zur Hilfe oder lauft eure Räumlichkeiten mit lauter Musik ab. Welche Dinge könnt ihr selbst verbessern oder ggf. auch verbessern lassen? Nehmt wahr, wo Barrieren bestehen und überlegt, wie ihr sie beseitigen könnt.

Bezüglich der Finanzierung solltet ihr einen ausgearbeiteten Plan über eure gewünschten Veränderungen bei eurem Träger, der Gemeinde oder anderen Verantwortlichen vorlegen. Besprecht gemeinsam, welche wichtigen Eigenschaften die Arbeit der Inklusion mit sich bringt, sowohl für die Gemeinschaft als auch für die betroffenen Kinder und Jugendlichen selbst.

Unterstützung und Hilfen

Die Arbeit mit Menschen mit Behinderungen kann herausfordernd sein und ist natürlich anders als mit Kindern und Jugendlichen ohne Beeinträchtigungen. Dazu bedarf es ein gewisses Maß an Unterstützung und Hilfen, die ihr jedoch in sämtlichen Formen erhalten könnt, um euch so auf die gemeinsame Zusammenarbeit vorzubereiten. Hier sind einige Beispiele.

Die Netzwerkarbeit mit Behindertenverbänden: Um im Netzwerk dieser Arbeit Fuß zu fassen, ist es ratsam, sich mit geschultem Personal und/oder Personen auseinanderzusetzen, die sich für diesen Bereich stark machen. So gibt es ganze Verbände, die sich mit den Thematiken und Fragestellungen auseinandersetzen. Diese können euch dann beispielsweise darin beraten, welche Dinge in der Arbeit mit Inklusion besonders wichtig sind und welche Möglichkeiten ihr habt, um Hilfen und Unterstützungen zu erhalten.

Weiterbildungen in verschiedene Richtungen: Je nachdem, in welche Richtung sich eure Arbeit weiterentwickeln soll, könnt ihr auch an Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen, um euch so weiterzubilden. Bestimmten Bereiche der Inklusion bedarf es an gewisse Vorkenntnisse, damit diese (leichter) gelingen können. Informiert euch also bei eurem Träger oder der Gemeinde, ob, wo und wie euch diese Weiterbildungen zustehen und organisiert diese anschließend für euer Team.

Kommt mit Menschen ins Gespräch, die mit einer Behinderung leben. So findet ihr heraus, auf welche einzelnen Dinge ihr achten müsst und an welchen Stellen ihr einfach ganz normal miteinander umgehen könnt. Kinder und Jugendlichen können und sollten selbst äußern dürfen, worauf es dabei ankommt und auch die Eltern können euch bei wichtigen Entscheidungen helfen, da diese meistens am besten wissen, was ihre Kinder (egal welchen Alters) benötigen.

Der dritte und somit letzte Beitrag dieser Serie wird sich gezielt mit dem Programm für die Arbeit zum Thema Inklusion beschäftigen. Hier erfahrt ihr dann, wie ihr euer Gruppenstunden- oder Ferienlager-Programm so gestalten könnt, dass möglichst alle ohne Einschränkungen mitmachen können.

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Unterstützung durch Christoffel-Blindenmission

Die Christoffel-Blindenmission möchte Menschen, die sich in Kirchengemeinden engagieren mit verschiedenen Materialien unterstützen. Die CBM bietet deshalb auch Ideen, die sich gut in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen einsetzen lassen, um diese für Menschen mit Behinderung und Inklusion zu sensibilisieren. 

Aktionskoffer von CBM
© CBM

Hier könnt Ihr einfach für Eure Gruppe Material bestellen

  • Blindenschrift-Alphabet
  • Fingeralphabet
  • Kinderzeitschrift Chris (für Grundschulkinder): in Heft 3/2022 geht es um Gebärdensprache
  • Inklusiver Podcast: Brehanesh erlebt ein Wunder – Hier könnt ihr sehen, wie Gebärdensprache geht.
  • Zum Ausleihen: Aktionskoffer Blindheit verstehen
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Daniel
Daniel
Hallo, schön, dass du hier vorbeischaust. Ich bin der Kopf hinter dem Jugendleiter-Blog und bin seit über 10 Jahren in der Jugendarbeit aktiv, habe viele Jahre einen Verband geleitet und blogge hier über meine Erfahrungen aus mehr als 100 Freizeittagen und 200 Gruppenstunden. Meine besten Spiele und Ideen sind als Bücher erschienen.

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