Eine alte Inderin wohnte in einem abgelegenen Dorf. Jeden Morgen nahm sie ihre zwei Tonkrüge zur Hand, mit denen sie sich zum etliche Kilometer weit entfernten Fluss begab, um dort Wasser zu holen. Für sie war es eine sehr mühselige Arbeit. Denn die Krüge waren schwer, und die Knochen der Frau waren alt und gebrechlich. Einer der beiden Krüge wies einen Sprung auf, sodass er auf der langen Wegstrecke zurück zum Haus der Inderin immer etwas Wasser verlor. Tag für Tag brachte die alte Frau somit nur eineinhalb Krüge voll mit Wasser nach Hause.
Der eine Krug blickte jedes Mal überheblich auf den anderen Krug herab. Stolz rückte er stets seine volle Leistungsfähigkeit und seine Stärke in den Fokus, nahm sich wichtig und lachte den defekten Krug aus. Natürlich fühlte sich dieser daraufhin jedes Mal schlecht und minderwertig. Aber es änderte sich nichts. Täglich ergriff die Frau ihre zwei Krüge, lief mit ihnen zum Fluss, befüllte sie mit Wasser und machte sich dann auf den Weg zurück in ihr Dorf.
Der beschädigte Krug fühlte sich immer schlechter, weil er über die gesamte Wegstrecke hinweg stets nur die halbe Wassermenge transportieren konnte. Deshalb fragte er die Frau, warum sie nicht einen anderen Krug mitnehmen würde. Einen, der keinen Riss aufwies. Daraufhin antwortete die Inderin, dass sie dies überhaupt nicht in Betracht ziehe: “Vor einiger Zeit habe ich auf dem Weg zum Fluss Blumensamen ausgesät. Jedes Mal, wenn ich mit Euch zurück nach Hause gehe, benetzt Du die Strecke mit dem heraus träufelnden Wasser. Wegen Deines Risses blühen also am Wegesrand wunderschöne Blumen, die ich pflücken und hübsch auf dem Tisch dekorieren kann. Deshalb möchte ich auf gar keinen Fall einen anderen Krug. Du bist mir ein ganz besonders wertvoller Begleiter!”
Fazit:
Jeder Mensch hat persönliche Eigenschaften, die ihn auszeichnen. Selbst wenn es eine Beeinträchtigung unterschiedlichster Art ist, wirkt sich diese in keiner Weise auf die Wertigkeit des Menschen aus. Ganz im Gegenteil: Sie macht ihn zu etwas Besonderem. Deshalb ist es so wichtig, dass wir etwaige Schwächen nicht als negativ oder hinderlich erachten. Wenn wir uns so annehmen, wie wir selbst sind – mit all unseren Stärken und Schwächen – dann werden wir nicht nur in der Lage sein, uns selbst anzunehmen und uns wertzuschätzen. Sondern es wird uns dann auch möglich sein, andere Menschen zu respektieren und ihnen Wertschätzung entgegenzubringen.
tolle Geschichte! Ich werde sie verwenden, um über Neid und Konkurrenz nachzudenken. Gibt es eine Quelle?
Herzlich kerstin Lück
Hallo Kerstin, die Geschichte ist eine Original-Geschichte, die ich geschrieben habe. Sie basiert aber aus mir erzählten Fragmenten, daher kann ich dir außer dem Jugendleiter-Blog keine Quelle nennen.