Dieser Beitrag ist im Rahmen einer Kooperation mit der Christoffel-Blindenmission entstanden. Der Artikel wurde dabei eigenständig von mir erstellt.
Das Wort “Inklusion” ist in Deutschland in aller Munde. Und dabei ist es egal, ob sich der Blick auf Rampen neben Treppen an öffentlichen Plätzen richtet oder dabei die Arbeit mit verschiedensten Menschen gemeint ist. Wichtig ist es, zu verstehen, was dieses Wort überhaupt bedeutet und warum es in einer sonst so aufgeschlossenen Gesellschaft wie unsere so wichtig zu thematisieren ist. Neben Stigmatisierung und Benachteiligung haben behinderte Menschen stetig mit Vorurteilen zu kämpfen. Auch in der Kinder- und Jugendarbeit ist das ein Thema. Was ihr über Inklusion in der Jugendarbeit wissen müsst, erfahrt ihr in diesem Beitrag und in noch folgenden Artikeln.
Was heißt Inklusion?
Um es auf den Punkt zu bringen, bedeutet Inklusion, dass alle Menschen auf ihre Weise gleich mitmachen und sich in eine Gruppe integrieren können. Das gilt im Freizeitbereich, auf der Arbeit und auch zu Hause. Um ein paar Beispiele dafür zu nennen: Inklusion ermöglicht es, dass alle an einem freundschaftlichen Fußballspiel teilnehmen können oder dass niemand vor der Tür bleiben muss, weil die Treppen den Weg in ein Restaurant versperrt. Wichtig zu beachten ist, dass nicht nur Menschen mit Behinderungen zu diesen Personengruppen gehören. Denn auch eine andere Sprache oder ein uns fremdes Aussehen gehört ebenso in die Inklusionsarbeit.
Menschen sind im Grunde alle verschieden und das ist auch gut so. Denn das macht uns Menschen erst menschlich und ermöglicht es uns, in einer vielfältigen Welt zu leben. Doch dies muss unsere Gesellschaft natürlich auch zulassen. Inklusion bedeutet also auch, sich auf neue Dinge, Perspektiven und Menschen einzulassen und sich auf bestimmte Dinge einzustellen und diese dann mit einem offenen Weltbild zuzulassen. Theologisch gesprochen: Wenn es in der Schöpfungserzählung heißt “Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde” , dann heißt das auch, er schuf sie als viele verschiedene Menschen. Nur wenn man alle Menschen zusammen betrachtet, kann man das Ebenbild Gottes erahnen.
Dass alle Menschen überall mitmachen dürfen, ist in der UN-Behindertenrechtskonvention niedergeschrieben und diese gilt in den meisten Bereichen der Erde, so auch in Deutschland. Doch ein Gesetz auf einem Blatt Papier reicht nicht, um den Erfolg der Inklusion zu erzielen. Im Gegenteil, wir müssen vieles dafür tun, damit diese Vorgabe eingehalten werden kann und wir uns selbst dabei stetig verbessern.
Jeder Mensch hat Stärken und Schwächen. Wir sind aufeinander angewiesen. Einige Schwächen hat der Mensch als Behinderung definiert. Es muss eine wichtige Aufgabe von Inklusion sein, Menschen, die mit einer Behinderung leben, nicht über ihre Behinderung bzw. über ihre Schwächen zu sehen, sondern sie in ihrer ganzen Persönlichkeit wahrzunehmen.
Was versteht man unter dem Begriff “Ableismus”?
Wenn ihr euch mit Inklusion auseinandersetzt, ist es ebenso wichtig, dass ihr euch mit dem Begriff “Ableismus” vertraut macht. Denn Inklusion bedeutet auch, behinderten Menschennicht ihre Fähigkeiten abzusprechen. Oftmals wollen sie keinen Schonraum oder besondere Regeln, sie wollen genauso behandelt werden wie andere Menschen auch, natürlich mit der Berücksichtigung ihrer Behinderung oder Beeinträchtigung.
Mitleid oder Bewunderung sind hier total fehl am Platz, denn diese Menschen kennen es nicht anders, so zu leben, wie sie leben. Sie wollen unbeschwert ihr Leben leben und dabei so von der Gesellschaft akzeptiert werden, wie sie es selbst für sich verantworten können und wollen.
Übrigens: Auch das Wort “Behinderung” als Schimpfwort zu verwenden, gehört dazu. Eben deshalb ist es so wichtig, dass dieses Thema in der Kinder- und Jugendarbeit besprochen und sensibilisiert wird.
Inklusion in der Jugendarbeit
Folgende Frage stellt sich dann für euch natürlich in der Kinder- und Jugendarbeit:
Wie kann ich mein Programm inklusiv gestalten?
Dabei geht es sowohl um die Zeit in Gruppenstunden als auch in Ferienlagern. Auf folgende Dinge solltet ihr dabei achten und eingehen:
1. Das Wichtigste an der inklusiven Jugendarbeit ist die Selbstbestimmung. Diese soll zu jedem Zeitpunkt von Jugendleiter*innen berücksichtigt werden, damit gleichberechtigte Partizipation für eine wertvolle Jugendarbeit gewährleistet ist.
2. Außerschulisches Programm ist für die Förderung der individuellen und eigenen Persönlichkeit wichtig. Deshalb solltet ihr darauf achten, eure gemeinsame Zeit so zu gestalten, dass jede*r mitmachen kann.
3. Ihr benötigt einen Raum, zu dem jede*r Zugang hat. Dieser sollte von allen Gruppenmitgliedern mitgestaltet werden können. Auch das Programm sollte Raum für Selbstbestimmung für die Kinder und Jugendlichen mit sich bringen.
4. Versucht an die Interessen und die Lebenslagen der Teilnehmer*innen anzuknüpfen. Jeder Mensch ist individuell und das gilt natürlich auch für Menschen mit Behinderungen. Sie haben unterschiedliche Wünsche und Bedürfnisse, auch wenn sie beispielsweise dieselbe Behinderung haben.
Es gibt Menschen, die zum Beispiel einen Assistenzbedarf im Alltag haben. Stellt das nicht als Besonderheit, sondern notwendige Gegebenheit klar und macht kein großes Thema daraus. Wichtig für die Menschen ist es, so normal wie eben möglich leben zu können. Und das gilt auch mit Gleichaltrigen, die dazu natürlich entsprechend sensibilisiert und ein Stück weit auch belehrt werden müssen.
Das Thema Inklusion in Andachten und Messen einbringen
Um möglichst viele Menschen mit diesem Thema zu erreichen und darauf aufmerksam zu machen, könnt ihr auch Messen und Andachten nutzen. In biblischen Texten kommen auch Menschen mit Behinderungen vor. Aus diesen Erzählungen kann man eine ganze Menge Impulse ableiten, wie Gott diese Menschen sieht und wie wir hilfreich miteinander umgehen können.
Eine der bekanntesten Geschichten ist bestimmt die Heilung des blinden Bartimäus.
Indem ihr immer mal wieder solche Bibelstellen für Andachten und andere Formate auswählt und miteinander bedenkt, könnt ihr auch das Thema Inklusion in den Fokus rücken. Dadurch sollen besonders Kinder und Jugendliche sensibilisiert werden. Im Folgenden könnt ihr nachlesen, wie ihr genau das in der Jugendarbeit leisten könnt.
Kinder und Jugendliche für das Thema Inklusion sensibilisieren
Es geht hierbei besonders um Bewusstseinsbildung. Mittlerweile erleben eine ganze Reihe Kinder in Kindergärten oder Schulen, die sich Inklusion auf ihre Fahnen geschrieben haben, Kinder mit einer Behinderung in ihren Gruppen oder Klassen. Im Idealfall lernen sie so, einen guten Umgang miteinander. In der Praxis wird allerdings noch nicht alles optimal umgesetzt und es gibt teils noch erheblichen Handlungsbedarf.
Ihr thematisiert mit den Kindern und Jugendlichen also im Rahmen eurer inklusive Arbeit, dass Menschen mit Behinderungen Menschen wie du und ich sind und nicht Menschen, die sich durch Defizite definieren – manche Dinge sind einfach anders. So lernen blinde Menschen eine andere Schrift als sehende Menschen. Gehörlose Menschen sprechen eine andere Sprache als hörende Menschen…,
Für eine Andacht in der Gruppenstunde könnt ihr beispielsweise eine biblische Heilungsgeschichte vorlesen und diese anschließend besprechen, um einen guten Start in das Gruppenstunden-Programm zum Thema Inklusion anzubieten.
Sprecht dabei beispielsweise über Dinge, die für euch selbstverständlich sind, jedoch nicht für jeden Menschen durchzuführen ist, beispielsweise der Besuch in einem alten Restaurant mit Treppen, in dem eine Familienfeier stattfindet, oder ein Ausflug mit der Schule an einen Ort, an dem es keine Rampen oder gar nur einen kaputten Aufzug gibt.
Gerne könnt ihr dafür auch mit der Gruppe durch eure Gemeinde laufen und schauen, wo es überall Schwierigkeiten geben könnte. Ganz beliebt ist dabei die Situation an Bahnhöfen. Hier lassen sich überall Hindernisse finden, die durch zu wenig Inklusion der Gesellschaft gelegt werden. Erarbeitet euch also gemeinsam, was Inklusion bedeutet und worauf es dabei ankommt. Das macht auch die Arbeit für euch leichter, da Kinder und Jugendliche oft noch mal eine neutralere Sichtweise auf die Dinge haben.
Im bald folgenden Beitrag soll es dann zum Thema Inklusion um die konkreten Handlungsfelder gehen. Hier werden unter anderem die Dinge thematisiert, die für eure inklusive Arbeit notwendig sind.
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Vorstellung Christoffel-Blindenmission
Als christliche Fachorganisation für inklusive Entwicklungszusammenarbeit setzt sich die Christoffel-Blindenmission in zahlreichen Ländern des globalen Südens dafür ein, das Leben von Menschen mit Behinderungen zum Besseren zu wenden.
In Deutschland betreibt die CBM u.a. Bewusstseinsbildung für die Themen Behinderung und Inklusion im kirchlichen Bereich. Dazu gibt es eine Reihe kostenloser Materialien für Gottesdienste – auch Kinder- und Familiengottesdienste – bzw. für die kirchliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.
Wie wäre es, wenn ihr mal eine Gruppenstunde zu Bartimäus veranstaltet? Anschließend könnt ihr sogar dazu einen Familiengottesdienst in eurer Kirchengemeinde gestalten. Bestellt einfach diese Broschüre oder ladet sie herunter.