Jugendhäuser und -treffs in Eigenleistung renovieren: Von Teens für Teens

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Jugendräume gibt es in sehr vielen Gemeinden. Viele von ihnen werden jedoch finanziell längst nicht so bedacht, wie die meisten von euch es sich wünschen würden. Vielfach wird lediglich der Raum selbst zur Verfügung gestellt und etwas Geld für den Betrieb. Das ist definitiv besser als nichts. Allerdings darf man gerade hierbei nicht den Zeitgeist vergessen.

Ihr selbst wisst, wie rasch sich die Trends und Neigungen von Teenager-Alterskohorten selbst mit nur wenigen Jahren Abstand verändern können. Dementsprechend kann selbst ein eigentlich noch brauchbar eingerichteter und aussehender Jugendtreff rasch veraltet wirken und dadurch an Attraktivität einbüßen.

Umgekehrt ist es jedoch durchaus möglich, solche Räume zusammen mit denen, die sie benutzen, nach deren Vorstellungen und Wünschen zu renovieren – und dadurch nicht nur Jugendtreffs zu erschaffen, die wirklich dem Zeitgeist entsprechen, sondern innerhalb der Gruppe und gegenüber dem Treff eine starke Bindung aufzubauen. Wir zeigen euch jetzt, wie es gehen kann und was ihr beachten solltet.

1. ZUALLERERST DIE GEMEINDEVERWALTUNG ANSPRECHEN

In vielen Kommunen sind Jugendtreffs kommunales Eigentum. Selbst, wenn man euch grundsätzlich für den Betrieb weitgehend freie Hand lässt, solltet ihr das Thema Renovierung stets zunächst der Lokalpolitik, dem zuständigen Ausschuss etc. unterbreiten.

Erstens solltet ihr das tun, damit auf administrativer Ebene alles seine Richtigkeit und Rückendeckung hat. Zweitens, und für das Projekt selbst noch wichtiger, könnt ihr auf diesem Schritt natürlich versuchen, öffentliche Mittel für das Projekt zusammenzutragen. 

Insbesondere, wenn nur wenige oder sogar gar keine (teuren) Handwerkerarbeiten vonnöten sind, sind viele Kommunalregierungen eher bereit, etwas Geld dafür zu geben – insbesondere, wenn es euch gelingt, die Vorteile für die Jugendlichen und die Jugendarbeit gut rüberzubringen. Namentlich wären das:

  • Die Teens können ihren Treff nach eigenem Gutdünken gestalten, das stärkt die Identifikation damit und mit der Gemeinde. 
  • Sie können ihre eigenen Fähigkeiten in die Waagschale werfen und voneinander lernen. Das stärkt das Selbstvertrauen und hilft mitunter sogar, als trocken empfundenes (da theoretisches) Schulwissen praktisch anzuwenden. 
  • Die Jugendlichen können nicht nur im Team arbeiten, sondern ziehen bei der Renovierung ein komplettes Projekt durch. Gut für Arbeitsleben und Studium. 

Im Idealfall „pitcht“ ihr das Thema vor der Gemeindeleitung auf eine Weise, durch die diese versteht, nur die Geldmittel bereitstellen zu müssen, aber trotzdem am mit der Fertigstellung einhergehenden Ruhm partizipieren zu können.

2. ÖRTLICHE FIRMEN ANSPRECHEN

Natürlich könntet ihr das Geld der Kommune nehmen und es im nächsten Baumarkt ausgeben. Das jedoch wäre nicht sonderlich clever. Sprecht stattdessen zunächst im nächsten Schritt lokale Unternehmen an, insbesondere solche, die irgendwie mit dem Thema Bauen verbunden sind. 

Auch hier zieht meist das Argument sehr gut, spätestens in der obligatorischen Mitteilung an die Lokalpresse namentlich genannt zu werden – eine Light-Form des Sponsorings sozusagen. Damit könnt ihr bei vielen Firmen wenigstens auf eine der folgenden Hilfen hoffen:

  • Unentgeltliche Abgabe von Materialien, entweder brandneu oder in Form von Resten, Verschnitt oder Ähnlichem
  • Abgabe von Materialien zum Selbstkostenpreis
  • Unentgeltliches Verleihen von Werkzeugen und sonstigem Gerät
  • Reine Geldspenden
  • Mitunter „Ausleihen“ von eigenen Mitarbeitern (insbesondere Handwerkern) auf freiwilliger Basis

Je nach Rechtsform können die meisten Firmen derartige Spenden recht umfangreich von der Steuer absetzen. Daher könnt ihr durchaus auf rege Teilnahme hoffen – ihr müsst nur genug Chuzpe besitzen, um bei vielen davon vorstellig zu werden. Das Projekt Jugendtreff profitiert in jedem Fall.

3. MIT DEM VERSICHERUNGSTRÄGER SPRECHEN

Der (freiwillige) Aufenthalt und somit die Arbeit in einem Jugendraum ist typischerweise nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt. Da es gerade bei einem solchen Selbermacherprojekt durchaus zu Verletzungen kommen kann, solltet ihr unbedingt frühzeitig euren zuständigen Versicherungsträger ansprechen und nachfragen, in welcher Weise die Teens bei dieser Sache versichert sind oder versichert werden können – und vergesst dabei nicht euch selbst.

4. MÖGLICHST VIELE HANDWERKENDEN UND HANDWERKSBEGEISTERTE JUGENDLICHE ZUSAMMENTRAGEN

Die „Kundschaft“ eines typischen Jugendtreffs ist meistens nicht nur in Sachen Alter äußerst heterogen, sondern ebenso, was den Background von Fähigkeiten, Interessen und nicht zuletzt beruflichen Erfahrungen anbelangt. 

Grundsätzlich sind sehr viele Renovierungsarbeiten nichts, was durchschnittliche Jugendliche, selbst ohne jegliche (Berufs-) Erfahrung überfordern würde – im Zweifelsfall gibt es für alles im Netz sehr detaillierte Anleitungen.

Dennoch solltet ihr, gerade wenn ihr selbst noch keine große Renovierungsroutine in die Waagschale werfen könnt, möglichst viele „Profis“ aus den Reihen der Jugendlichen zusammenbringen. Grundsätzlich gut ist erst einmal jeder Jugendliche, der in irgendeiner Form kreativ und/oder Selbermacher ist. Als eine Art Rangfolge könnte sich das folgendermaßen darstellen:

  1. Azubis im Bauhandwerk (leider jedoch bei der heutigen Ausbildungsstruktur vielerorts schlicht nicht vorhanden).
  2. Azubis in anderen Handwerksberufen – aufgrund der vorhandenen handwerklichen Denk- und Arbeitsweise und Routine im Umgang mit Werkzeugen.
  3. Jugendliche, die bereits von zuhause Renovierungserfahrungen mitbringen; etwa, weil sie den Eltern geholfen haben.
  4. Alle Teens, die sich gerne als Bastler, Schrauber und Ähnliches in ihrer Freizeit betätigen.
  5. Die Mitglieder eurer Jugendgruppe, die gerne malen, zeichnen oder sich anderweitig künstlerisch-kreativ betätigen.

Allerdings sei nochmals deutlich unterstrichen: Jede Hilfe zählt, weil alles erlernt werden kann.

Für die Praxis empfiehlt es sich, entweder möglichst viele der Kids zu einer Art Beratungsstunde zusammenzubringen (die ist sowieso vonnöten, wie ihr noch genauer lesen werdet) oder im Jugendtreff einen Flyer samt Liste auszuhängen, in die sich jeder eintragen kann. Unterstreicht dabei, dass jede Hilfe gewünscht ist, damit sich nicht nur die Handwerks-Azubis unter euren Schützlingen angesprochen fühlen. 

Vergesst natürlich nicht, bei den Minderjährigen das Einverständnis der Erziehungsberechtigten einzuholen.

5. Den JUGENDLICHEN DIE WESENTLICHE PLANUNGSARBEIT ÜBERLASSEN – BASISDEMOKRATISCH

Vorgegeben ist nur das Budget und vielleicht (je nach Spendenverhalten der Unternehmen) einige Materialien. Darüber hinaus herrscht jedoch zum jetzigen Zeitpunkt absolute Freiheit. Diese solltet ihr keineswegs einengen. Alle Jugendlichen, die mitmachen möchten, sollten dazu zu einer gemeinsamen „Planungssitzung“ zusammenkommen. Ihr solltet euch dabei nur als Moderator und „Finanzminister“ betätigen. 

Dabei hilft es euch, wenn ihr eine Liste an Arbeiten habt. Dann können die Teens zu jeder davon diskutieren, wie sie nachher aussehen soll:

  • Fußboden
  • Wände
  • Decken
  • Tresen
  • Sitzgelegenheiten
  • Entertainment
  • Aktivitäten

Brainstormt zu jedem dieser Positionen und lasst dabei die Jugendlichen basisdemokratisch entscheiden, wie sie vorgehen wollen und was sie sich vorstellen.

Tipp: Wenn Farbsprühdosen benötigt werden, schaut euch unbedingt bei den Herstellern von Graffiti-Farben um. Die bieten meistens sehr gute Farbqualität bei enormer Auswahl zu einem konkurrenzlos günstigen Preis. 

6. VOLL AUF NUMMER SICHER GEHEN

In dieser Gruppe wird es vielleicht erfahrene Handwerks-Azubis geben. Außerdem seid ihr ja stets dabei. Dennoch solltet ihr immer auf die sicherste mögliche Option bei der jeweiligen Herangehensweise setzen.

Das heißt etwa, nehmt keine Leiter, wenn es ebenso ein Gerüst tun kann – erst recht, weil das nicht wirklich schwierig aufzubauen ist. Lasst die Kids nicht mit einem Winkelschleifer beispielsweise Fliesen schneiden, wenn es deutlich weniger gefahrenträchtig mit einem manuellen Fliesenschneider geht. Und wo eine elektrische Stichsäge zum Einsatz kommt, tut es oft genug eine ebenso manuelle Säge. Denkt immer an dieses Motto: Hier geht Sicherheit wirklich vor.

7. Jede MENGE ANLEITUNGEN ZUSAMMENGETRAGEN

Ihr werdet vermutlich kaum das Glück haben, für alle anstehenden Arbeiten Azubis der passenden Berufe in eurer Truppe zu haben. Schon aus dem Grund solltet ihr genau schauen, für welche Methoden und Herangehensweisen sich eure Teens bei der „Planungssitzung“ entschieden haben. 

Recherchiert basierend auf dieser Liste im Netz nach Anleitungen. Legt euren Fokus dabei auf Baumärkte und Heimwerker-Magazine. Die haben meist besonders laiengerechte Anleitungen, bei denen keine Fragen mehr offenbleiben – und oft nicht einmal Vorwissen vonnöten ist. 

Idealweise versucht ihr, diese How-Tos als PDF zu bekommen. Druckt sie aus und laminiert sie ein – erfahrungsgemäß werdet ihr sonst im Projektverlauf mehrmals „Strg+P“ am Computer drücken müssen.

Schaut euch zudem unbedingt die entsprechenden YouTube-Videos an und speichert sie euch als Lesezeichen ins Handy. Wenn bei der Durchführung doch einmal Fragen auftauchen, die nicht von der schriftlichen Anleitung beantwortet werden, könnt ihr flugs aufs Bewegtbild zurückgreifen.

8. Eine ZEITPLANUNG FESTLEGEN

Wie lange dieses Projekt in der Praxis dauern wird, hängt natürlich im Höchstmaß von der Struktur eurer Gruppe und dem Umfang der Arbeiten ab. Damit die Leidenschaft jedoch nicht abreißt (und der Treff rasch wieder einsatzfähig ist), solltet ihr versuchen, den Zeitrahmen möglichst konzentriert zu halten. Ideal wäre es natürlich, es während der Sommerferien zu machen. Wenn das jedoch keine Option ist, solltet ihr versuchen, innerhalb eines Monats möglichst viele Stunden und Tage zusammenzustellen, an denen der Jugendraum geschlossen hat und nur eure „Handwerker“ hantieren. 

Und natürlich: Wenn der Jugendtreff danach in neuem Glanz erstrahlt, ist eine kleine Eröffnungsfeier ebenso obligatorisch wie eine Pressemeldung, damit sowohl die Mitmacher als auch Unterstützer die gebührende Ehre bekommen.

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Daniel
Daniel
Hallo, schön, dass du hier vorbeischaust. Ich bin der Kopf hinter dem Jugendleiter-Blog und bin seit über 10 Jahren in der Jugendarbeit aktiv, habe viele Jahre einen Verband geleitet und blogge hier über meine Erfahrungen aus mehr als 100 Freizeittagen und 200 Gruppenstunden. Meine besten Spiele und Ideen sind als Bücher erschienen.

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